Angstkommunikation als zentrales Element der Pandemiepolitik

von Dr. Mona Aranea, Vorsitzende dieBasis Mönchengladbach

Wir klären auf, und wir vergessen nicht. Vor allem nicht die systematische Angstkommunikation der Bunderegierung während der Coronakrise. In einer Situation, in der eine Gesellschaft neuen Risiken ausgesetzt ist, wäre es Aufgabe einer Regierung, eine realistische Einschätzung des Risikos zu vermitteln, und den Bürgern mittels Handlungsempfehlungen zu helfen, das individuelle Risiko zu minimieren. Doch statt einer solchen Risikokommunikation hat die Politik in der Coronakrise systematisch auf Angstkommunikation gesetzt. Über zwei Jahre lang war die Kommunikation der Politik mit uns Bürgern geprägt von Misstrauen, Desinformation und Angstmache. Wir wurden torpediert mit Aufforderungen, andere Menschen zu meiden, ja, man hat uns sogar aufgefordert, das Haus nicht zu verlassen.

Die Angstkommunikation der Politik war kein Versehen, sondern wurde systematisch und geplant durchgeführt. Bereits im Sommer 2020 wurde ein Strategiepaper des Bundesinnenministeriums „Wie wir Covid-19 unter Kontrolle bekommen“ geleakt.[1] Das Strategiepapier, geschrieben im März 2020 von Wissenschaftlern namhafter Institute, und teilweise basierend auf Modellrechnungen des RKI[2], formuliert ein alarmierendes Worst-Case-Szenario. Das Papier, auch genannt BMI-Panikpapier gibt der Politik die Empfehlung, Menschen durch die Aktivierung von Urängsten für weitreichende Freiheiteinschränkungen gefügig zu machen. Ein besonderes Augenmerk legt das Papier darauf, Angst unter sowie vor Kindern zu schüren. Das BMI schreibt wörtlich:

„Kinder werden sich leicht anstecken, selbst bei Ausgangsbeschränkungen, z.B. bei den Nachbarskindern. Wenn sie dann ihre Eltern anstecken, und einer davon qualvoll zu Hause stirbt und sie das Gefühl haben, schuld daran zu sein, weil sie z.B. vergessen haben, sich nach dem Spielen die Hände zu waschen, ist es das Schrecklichste, was ein Kind je erleben kann.“  (BMI 2020, S. 13)

Hinter solchen Politikempfehlungen, die systematisch Angst schüren sollen, steht ein verhaltenspsychologisches Menschenbild: der Mensch als reines Bündel von Emotionen, die man manipuliert, damit der Mensch so funktioniert, wie die Regierung und die „Experten“ es für richtig halten. Unser Innenministerium verabschiedet sich damit vom anthropologischen Menschenbild der Aufklärung, nach welchem jeder Mensch zu mündigem selbstbestimmtem Handeln und Entscheiden fähig ist. Wir waren also seitens unserer politischen Vertreter, die aus unseren Steuergeldern bezahlt werden, einer systematischen, geplanten Angstkommunikation ausgesetzt, die in einer freiheitlichen, modernen Gesellschaft, wie der unseren, nichts zu suchen hat. Das BMI-Panikpapier hat vielen von uns, auch mir, die Augen dafür geöffnet, dass das BMI, das für die öffentliche Sicherheit zuständige Ministerium, den aufgeklärten, mündigen Bürger ebenso ablehnt, wie sein Recht, über den eigenen Körper zu entscheiden.

Wer sich die Prognosen und Schlussfolgerungen des BMI-Panikpapiers ansieht, kann nicht anders, als zu dem Schluss kommen, dass die Politik uns alle für ziemlich blöde hält. Das ist eine wichtige Erkenntnis. Auch wichtig ist die Erkenntnis, dass „die Wissenschaft“ bei der Verblödung und Ängstigung der Menschen eine zentrale Rolle spielte. Die Namen der Autoren des Panikpapiers sind dank eines Gerichtsurteils öffentlich – eine aufmerksame Bürgerin hat die Veröffentlichung der Namen mit Verweis auf das Informationsfreiheitsgesetz eingeklagt.[3] Die Autoren arbeiten für verschiedene Forschungsinstitute im In- und Ausland: das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, die Universität Kassel, die Universität Lausanne, die University of Nottingham China, und das Institut der deutschen Wirtschaft Köln.[4] Für keinen dieser Herren (es sind tatsächlich allesamt Männer), die am BMI-Panikpapier mitgeschrieben haben, hatte ihre Mitwirkung an der bundesdeutschen Angstkommunikation Konsequenzen. Der beruflichen Stellung und dem gesellschaftlichen Ansehen dieser Männer hat die politische Instrumentalisierung ihrer wissenschaftlichen Stellung nicht geschadet. Sie haben den Bogen der pseudo-wissenschaftlichen Angstkommunikation so maßlos überspannt, dass ich als Wissenschaftlerin und Mutter erkennen musste, dass unsere intellektuellen und politischen Eliten nicht mit Sinn und Verstand regieren, sondern ausschließlich mit Angst und Schrecken.

Die Autoren des Panikpapiers haben meine Kinder zu asymptomatischen kleinen Superspreadern erklärt, sie also praktisch mit den Ratten während der Pest gleichgesetzt (und das lange vor Jan Böhmermann), ihnen die Verantwortung für eine willkürlich über nichtssagende Inzidenzwerte definierte Volksgesundheit aufgebürdet, und sie von Bildung, sozialen Kontakten, und sogar von ausreichend Sauerstoff abgeschnitten – und das ohne jede wissenschaftliche Evidenz für den Nutzen dieser Maßnahmen. Die Autoren des Panikpapiers haben mir mit ihrem Tun die Augen geöffnet für die schmerzhafte Realität wissenschaftlichen Arbeitens im besten Deutschland aller Zeiten. Ich möchte den Herren Kollegen sagen: Danke – es reicht! Ich verzichte als Wissenschaftlerin, als Bürgerin und als Mutter in Zukunft gerne auf eure fiktionalen Analysen, eure alarmistischen Prognosen, und eure menschenfeindlichen Politikempfehlungen. Es gibt inzwischen eine Reihe (nicht-deutscher) Studien die zeigen, dass Lockdowns wenig Einfluss auf das Infektionsgeschehen haben, dafür aber großen gesellschaftlichen Schaden anrichten.[5] Wir Bürgerinnen und Bürger benutzen ab jetzt lieber unseren eigenen Verstand. Ihr müsst uns das Denken nicht mehr abnehmen. Danke – Nein.

Denn wir sind, und genau da irrt das verhaltenspsychologische Menschenbild der Politik, alle selbst des Denkens und des Handelns mächtig. Und wir sind übrigens auch des gemeinsamen Handelns mächtig. Wir sind viele, wir kommen gerade alle miteinander ins Gespräch, und wir merken, wir sind uns einig. Die Gewalt der Pandemiepolitik hat mir die Augen geöffnet für die vielfältige Kompetenz und die kollektive Kraft, die außerhalb elitärer Wissenschaftskreise existiert, in der aufgeklärten, mündigen, wachen und widerständigen Zivilgesellschaft hier im Rheinland. Diese Zahnpasta geht nicht mehr zurück in die Tube. Gut so.

[1] BMI (2020) “Wie wir Covid-19 unter Kontrolle bekommen”. https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/ downloads/DE/veroeffentlichungen/2020/corona/szenarienpapier-covid19.pdf?__blob=publicationFile&v=6, siehe auch Presseartikel hierzu: https://www.welt.de/politik/deutschland/article225991449/Corona-Papier-Opposition-fordert-Aufklaerung.html

[2] RKI (2020) Modellierung von Beispielszenarien der SARS-CoV-2-Epidemie 2020 in Deutschland (20.3.2020) www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Modellierung_Deutschland.html

[3] Brief des Innenministeriums vom 09. Juni 2020 an Dr. Marion Rosenke.

[4] Besonders bemerkenswert ist die Autorenschaft von Prof. Dr. Michael Hüther, Direktor des IW Köln, Aufsichtsratsmitglied der Allianz Global Investors Kapitalanlagegesellschaft und Vorstand der Atlantik-Brücke.

[5] Bsp. Bendavid, E., Oh, C., Bhattacharya, J., & Ioannidis, J. P. (2021). Assessing mandatory stay‐at‐home and business closure effects on the spread of COVID‐19. European journal of clinical investigation, 51(4), Online First. https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/eci.13484